Eigentlich wissen wir alle: Bewegung ist wichtig für die Gesundheit! Was allerdings in der Theorie recht einfach klingt, wird in der Praxis leider häufig nicht umgesetzt. Und es ist verständlich. Zeit ist oft Mangelware, und auch der Erschöpfung durch den Alltag kommt eine bedeutende Rolle zu. Wenn man nach einem langen Arbeitstag nach Hause kommt, ist die Couch oft weit verführerischer als das 2-stündige Abstrampeln im Fitnessstudio.
Ich denke dass es wichtig ist, sich hin und wieder die Konsequenzen fehlender Bewegung in´s Gedächtnis zu rufen. Oder anders ausgedrückt: was hat mein Körper davon, wenn ich Sport mache? Immerhin ist er auf Bewegung ausgelegt. Es wird also einige Mechanismen im Hintergrund geben, die direkt oder indirekt mit unserer Gesundheit zusammenhängen. In diesem Beitrag möchte ich 3 aus meiner Sicht ganz besonders Wichtige herauspicken und dir vorstellen. Außerdem erwartet dich am Ende noch eine kurze aber knackige Übung, für die du keine Trainingsgeräte und nur sehr wenig Zeit benötigst.
Der Motor unseres Lymphsystems
Das Herz-Kreislaufsystem ist heutzutage ja in aller Munde. Kein Wunder, sind Herz-Kreislaufkrankheiten dem Statistischen Bundesamt zufolge in unserer Zeit die häufigsten Krankheiten und mit 40% aller Fälle Todesursache Nr. 1 in Deutschland. Was meist unerwähnt bleibt, ist ein weiteres großes Flüssigkeitssystem in unserem Körper, das Lymphsystem. Über dieses wird in vielen Fällen erst nachgedacht (oder sich beschwert), wenn die sogenannten Lymphknoten anschwellen und zu schmerzen beginnen. Meiner Meinung nach wird unser Lymphsystem sehr unterschätzt. Warum?
Unser Lymphsystem durchzieht den ganzen Körper. Es fasst ungefähr 15 – 16 Liter Lymphflüssigkeit (!) und damit fast 3 Mal so viel wie Blut in unserem Körper zirkuliert. Diese große Menge an Flüssigkeit findet man aber nicht nur in den Lymphgefäßen selbst (die parallel zu unseren Blutgefässen verlaufen), sondern auch im sogenannten Zwischenzellraum. Dort wird überschüssige Flüssigkeit – die Lymphe – von Lymphkapillaren aufgenommen, in immer größere Lymphgefäße geleitet und an die Venen abgegeben. Die Lymphe transportiert zum einen Lymphozyten an ihren Bestimmungsort. Diese gehören zu den weißen Blutkörperchen und somit zu den Abwehrzellen unseres Körpers. Zum anderen finden sich in der Lymphe überschüssige oder sogar schädliche Bestandteile der Zwischenzellflüssigkeit wie zum Beispiel Fremdstoffe oder auch Stoffwechselrückstände, die abtransportiert werden müssen. Dadurch dient das Lymphsystem nicht nur der Abwehr von Erregern, sondern auch der Entgiftung. Kann diese nicht stattfinden (sprich: arbeitet unser Lymphsystem nicht ordnungsgemäß), verwandeln sich unsere Zellen in eine Mülldeponie und lebenswichtige Nährstoffe können nicht mehr ausgetauscht (also angeliefert oder abgegeben) werden. Gerade in unserer immer höher belasteten Umwelt ist dieser Aspekt wichtiger denn je und ein zügiger Lymphfluss demnach unerlässlich für unsere Gesundheit!
Kommen wir zu einem weiteren Unterschied zum Blutgefäßsystem. In Letzterem hat das Herz die Aufgabe, das Blut in Bewegung zu halten. Das Lymphsystem hat so einen Motor nicht, hier wird die Lymphe ausschließlich durch Muskelkontraktionen bewegt. Also nicht nur durch Bewegungen beispielweise von Eingeweiden oder dem Zwerchfell (beim tiefen Atmen!), sondern ganz besonders – du ahnst es sicher schon – durch körperliche Bewegung des Menschen. Je mehr du dich bewegst, desto mehr kannst du deinen Körper bei der Abwehr von Erregern und der Entgiftung unterstützen.
An strategisch wichtigen Stellen befinden sich übrigens die sogenannten Lymphknoten. Strategisch wichtig deshalb, weil dort aufgenommene schädliche Stoffe wie zum Beispiel Abgase oder Giftstoffe aus der Nahrung zurückgehalten und entgiftet werden, bevor sie in´s Blut gelangen und dort enormen Schaden anrichten können. „Beliebte“, weil oft anschwellende Lymphknoten befinden sich seitlich am Hals, also nahe den Aufnahmewegen Nase und Mund. Die Bedeutung der Lymphe, den Lymphgefäßen und Lymphknoten sollte definitiv nicht unterschätzt werden. Zum Glück lässt sich dieses Gefäßsystem mit ein wenig Bewegung aber tatkräftig unterstützen.

Bewegung – der Glücklichmacher
Vermutlich kennst du das gute und rundum zufriedene Gefühl, nachdem du dich doch gegen deinen inneren Schweinehund durchgesetzt und eine Sporteinheit eingelegt hast. 55 depressive „Versuchskaninchen“ konnten bei einer Studie der Duke University of North Carolina dieses Gefühl ebenfalls an sich beobachten. Die Wissenschaftler baten sie, so schnell auf einem Laufband zu laufen, wie sie können. Durch einen Fragebogen wurde vor und nach der Trainingseinheit die Stimmungslage der Testpersonen erhoben. Das Resultat war eindeutig. Im Schnitt reduzierten sich durch den Lauf die Beschwerden um 82% und fast alle Testpersonen fühlten sich nach dem Versuch besser als zuvor.
Einer abschließenden Erklärung bedarf es hierfür noch, ein ganz heißer Kandidat und Verursacher dieses Gefühls ist jedoch das Serotonin. Dieses wird zu ca. 95% in den Zellen der Darmschleimhaut gebildet, kann jedoch interessanterweise unsere Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden. Genau dort würde es aber benötigt werden. Ein Mangel dieses „Glückshormons“ im Gehirn kann Depressionen, Ängste und Nervosität verursachen sowie unsere Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Damit ist das Gehirn auf die eigene Produktion dieses Botenstoffes angewiesen, wofür es jedoch eine ganz bestimmte Aminosäure braucht: Tryptophan. Diese Aminosäure besitzt quasi den Pass zur Durchquerung der Blut-Hirn-Schranke, steht dabei aber in starker Konkurrenz zu anderen Aminosäuren. Sind zu viele davon vorhanden, kann auch das Tryptophan nicht Richtung Gehirn wandern. An dieser Stelle kommt der Sport ins Spiel. Lange, intensive Bewegung lässt den Körper (wenn Glucose bereits verfeuert wurde) auch Aminosäuren verbrennen. Alle bis auf Tryptophan. Dieses kann dann völlig konkurrenzlos die Blut-Hirn-Schranke überwinden und zur Bildung von Serotonin im Gehirn beitragen. Damit hilft uns Bewegung schon mal, besser drauf zu sein und gelassener auf Stress zu reagieren (!). Und diese Tatsache führt uns zu einem weiteren interessanten Punkt.
Bewegung und die Telomerase
Unser Körper ist schon ein kleines Wunderwerk. Permanent ist er damit beschäftigt, alte unbrauchbare Zellen zu erneuern und wieder Körpersubstanz aufzubauen (z.B. bei der Wundheilung). Dies geschieht durch die Zellteilung, d.h. es entstehen aus einer Zelle zwei komplett neue, identische Zellen. Wie oft sich dabei eine Zelle teilt und erneuert, hängt von der Art ab. Manche Zellen teilen sich alle wenige Stunden, andere wiederum setzen diesen Prozess nur alle paar Tage oder noch seltener um. Im Laufe dieses komplexen Prozesses werden die Chromosomen, die Träger unserer Erbinformationen verdoppelt. Dabei geschieht jedoch folgendes: Die Enden der Chromosomen, Telomere genannt, verkürzen sich bei jeder Zellteilung. Vorstellen kann man sich diesen Vorgang wie die Plastikkappe eines Schnürsenkels, von dem immer wieder ein kleines Stückchen von einer Schere abgeschnitten wird. Zellen können sich jedoch nur so lange teilen, wie Erbinformationen schützende Telomere noch vorhanden sind. Sind sie aufgebraucht, stirbt die Zelle.
Soweit so gut. Zum Glück gibt es auch ein Enzym, die Telomerase, die die Chromosomenenden wieder um ein Stückchen verlängert. Jedoch ist sie in unterschiedlichen Zellen auch unterschiedlich aktiv. In Stamm- oder Tumorzellen ist sie höchst betriebsam und ermöglicht damit den Zellen, sich häufig zu teilen. Andere Zellen hingegen weisen nur eine geringe Telomeraseaktivität auf, weshalb die Telomere schnell kürzer werden und die Zellteilung eingestellt wird oder die Zellen absterben. Diesen Prozess kennen wir als Altern.
Eine Frau namens Elizabeth Blackburn hat im Jahr 2009 für ihre Forschung an den Telomeren und die Entdeckung der Telomerase den Nobelpreis für Medizin erhalten und ist damit federführend auf diesem Gebiet. In einer Studie mit 44 Teilnehmerinnen untersuchte sie den Einfluss von Stress auf die Telomeraseaktivität. Eine Hälfte der Frauen war dauerhaft psychologischem Stress ausgesetzt, da sie Demenzkranke betreuten. Die anderen 22 Teilnehmerinnen hatten grundsätzlich wenig Stress und bildeten die Kontrollgruppe. Unter Laborbedingungen wurden alle kurzzeitig in Stress versetzt und die Telomeraseaktivität in deren Blutzellen bestimmt. Ergebnis: Bei den Frauen mit hohem täglichen Stresslevel wurde eine geringere Aktivität der Telomerase gemessen [3]. Im Umkehrschluss: wenig Stress bedeutet aktivere Telomerase, was den Telomeren zu Gute kommt und die Zellen (also uns) länger am Leben hält. Da Sport wie vorhin erwähnt Stress reduziert, wirkt sich auch dieser sehr positiv auf Telomere, Telomerase und auf gesundes Altern aus.
Eine berechtigte Frage an dieser Stelle ist jedoch, welcher Sport oder welche Art der Bewegung es denn sein müsste, um einen Nutzen aus diesem Wissen zu ziehen. Eine Antwort dazu konnte der Kardiologe Dr. Christian Werner mittels einer Studie liefern, die mit dem Wilhelm P. Winterstein-Preis der Deutschen Herzstiftung gewürdigt wurde. Er konnte mittels eines Messverfahrens zeigen, wie effektiv eine spezielle Trainingsform auf die Zellalterung wirkt. Kurz zur Studie (wem die Details nicht ganz so wichtig sind, kann den nächsten Absatz gerne überspringen):
124 gesunde, sportlich nicht aktive Personen zwischen 30 und 60 Jahren wurden in 4 Gruppen eingeteilt. Eine Kontrollgruppe ohne sportliche Betätigung mit 35 Personen und drei „sportliche“ Gruppen mit insgesamt 89 Personen und drei unterschiedlichen Trainingsformen (Ausdauer, Intervall, Kraft). Letztere mussten sechs Monate lang 3 x 45 Minuten pro Woche trainieren. Das Ausdauertraining wurde in Form 45-minütigen Joggens im aeroben Bereich (60% der Herzfrequenzreserve) ausgeführt. Das Intervalltraining bestand aus 4-minütigen hohen Belastungsphasen (Laufen bei 80-90% der Herzfrequenzreserve) und anschließender 3-minütiger Erholung bei niedriger Belastung (Laufen bei 65-70% der Herzfrequenzreserve). Diese Abfolge der hohen und niedrigen Belastung wurde 4 Mal wiederholt. Beim Krafttraining wurde ein Zirkeltraining, bestehend aus 8 Übungen an Geräten ausgeführt.
Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass moderater Ausdauersport wie Joggen und hochintensives Intervalltraining viel geeigneter ist, den Alterungsprozess zu bremsen als Krafttraining. In diesen Gruppen war die Aktivität der Telomerase deutlich höher als in der unsportlichen oder der Krafttrainingsgruppe. Regelmäßige Ausdauerbewegung bremst also den Alterungsprozess von Zellen und Organismus und bewahrt dich so effektiver vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie beispielsweise Herzinfarkt, Herzschwäche oder anderen altersbedingten Krankheiten wie Diabetes. Wenn das kein Grund ist, gleich mal loszulaufen?
Bevor du dich jetzt allerdings nur auf Joggen konzentrierst, noch ein kleiner Hinweis. Auch das Krafttraining hat natürlich seine Daseinsberechtigung und sollte nie außen vor gelassen werden, sondern immer ergänzend eingesetzt werden. In meiner Beratung werde ich gezielt darauf eingehen, wie wir die obigen Erkenntnisse in ein einfach durchzuführendes und zeitsparendes Sportprogramm einfließen lassen können.
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt im Übrigen zur Verringerung des Risikos, sich oben genannte und sogar bestimmte Krebserkrankungen zuzuziehen, pro Woche mindestens 150 Minuten moderate körperliche Aktivität und Krafttraining für die Hauptmuskelgruppen an mindestens 2 Tagen pro Woche!

Körperliche Aktivität hat noch viele weitere positive Auswirkungen auf unseren Körper. Erwähnt sei an dieser Stelle nur noch die günstige Auswirkung auf die Knochendichte. Bei Sport – insbesondere bei Kraftsport – werden entsprechende knochenanabole Hormone wirksam, die den Aufbau von Knochensubstanz bewirken und damit Osteoporose vorbeugen. Die ohnehin schon starken Knochen werden dann durch die antrainierte Muskulatur noch zusätzlich geschützt, ebenso wie dadurch Gelenke geschützt werden. Alle weiteren Vorteile und Auswirkungen aufzuzählen, würde jedoch hier zu weit führen.
Ich hoffe, dich mit diesem Beitrag zu etwas mehr Sport motiviert zu haben. Es muss auch gar nicht teuer oder langwierig sein. Geräte brauchst du dafür auch nicht. Um dir das zu zeigen, habe ich noch eine Übung für dich mitgebracht. Fang am Besten gleich nach dem Lesen damit an und lass dein „Dach brennen“.

Das Dach brennt
Ja, du hast richtig gelesen. Die Übung heißt das Dach brennt – und der Name ist Programm. Sie findet sich in dem Bestseller „Fit ohne Geräte“ von Mark Lauren, in dem es um Training mit dem eigenen Körpergewicht ganz ohne zusätzliche Geräte geht.
„Das Dach brennt“ besteht aus zwei Übungen, zum Einen aus Liegestützen und zum Anderen aus „Handstößen“. Du beginnst mit einem klassischen Liegestütz. Je nachdem wie du ihn ausführst, beanspruchst du entweder mehr deine Brustmuskulatur (weite Liegestütze) oder deinen Trizeps (enge Liegestütze). Anschließend kniest du dich sofort hin und winkelst die Arme wie in dem obigen Bild an, so als würdest du einen Besenstiel waagerecht hinter deinem Kopf halten. Beziehungsweise eine Langhantel, versteht sich! Stoße deine Hände 4 Mal so weit es geht nach oben. D.h., du machst 4 „Handstöße“ Richtung Dach. Ohne Pause geht es gleich mit der nächsten Runde weiter, allerdings folgen dann:
- 2 Liegestütze und 8 Handstöße
- 3 Liegestütze und 12 Handstöße
- 4 Liegestütze und 16 Handstöße
- …
Mit jedem zusätzlichen Liegestütz erhöht sich also die Anzahl der Handstöße um 4. Versuche, dich nach und nach bis 10 Liegestütze hochzuarbeiten. Was einfach klingt, ist es ganz und gar nicht. Deine Schultern – pardon, dein „Dach“ – wird ordentlich brennen. Und das ist eigentlich kein Wunder, ein Durchgang von 10 Runden heißt für dich in nicht mal 5 Minuten 55 Liegestütze und 220 Handstöße! Doch auch wenn du anfangs nur bis 4 Liegestütze kommen solltest – du kannst im Anschluss echt stolz auf dich sein und wirst nach einiger Zeit immer mehr schaffen. Solltest du noch mehr als diese 10 Durchgänge zum Auspowern brauchen – derselbe Ablauf lässt sich anschließend auch wieder rückwärts bzw. absteigend durchführen. Nach den 10 Liegestützen und 40 Handstößen folgen also wieder 9 Liegestützen und 36 Handstöße usw.
Zu beachten ist, dass du die ganze Zeit deine Ganzkörperspannung aufrecht halten solltest. Die beanspruchten Muskelgruppen sind im obigen Bild grün markiert. Die Atmung ist wie folgt:
- Beim Liegestütz: bei der Abwärtsbewegung ein & bei der Aufwärtsbewegung ausatmen
- Bei den Hand-Stößen nach oben ausatmen und beim Absenken einatmen
Viel Spaß und Erfolg!
Dein
Christoph